Wellness-Check: Drip Spa
Drip Spas und Drip Bars: Teurer Lifestyle-Trend ohne medizinischen Wirkungsnachweis
In vielen deutschen Städten haben sie schon ihren Betrieb aufgenommen. Sie legen ihren Kunden Infusionen. Es sind keine Patienten, sondern gesunde Menschen, die als Kunden von den sogenannten Drip Spas oder Drip Bars umworben werden. Der Köder: Die drohende Gefahr, ein „Nährstoff-Problem“ wegen Stress und schlechter Ernährung zu haben. Das Versprechen, die optimale Versorgung und Entgiftung des Körpers zu unterstützen oder schönere Haut zu bekommen.
Die angeblich schnelle und bequeme Lösung: Intravenöse Infusionen mit Mineralstoffen, Vitaminen und anderen Substanzen, gerne auch als „AfterWork Revitalisierung“ oder zwecks Kompensation einer langen Partynacht. Auch Wellnesshotels und Spa Resorts liebäugeln mit dem lukrativen Geschäft, das mit der Aussicht auf ein längeres und gesünderes Leben - neudeutschHashtag#Longevity- in Verbindung gebracht wird. Ein weiterer fragwürdiger Hype.
Die Medien haben über die letzten Monate viel Promotion für die Drip Bar Startups gemacht. Ein kritisches Hinterfragen, wie man es von gutem Journalismus erwarten darf, wurde dabei meistens unterlassen.
Dafür hat sich jetzt die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), mit über 30.000 Mitgliedern eine der größten medizinischen Fachgesellschaften Europas, zu Wort gemeldet. Sie äußert erhebliche Bedenken und stellt klar, dass sich für solche Behandlungen keinerlei medizinischer Nutzen nachweisen lasse. Wer tatsächlich an einem Vitamin- oder Mineralstoff-Mangel leide, solle dies ärztlich abklären und therapieren lassen.
Reine Geldmacherei
„Aus medizinischer Perspektive handelt es sich bei den teils sehr hochpreisigen Infusionen um reine Geldmacherei ohne nachgewiesenen gesundheitlichen Nutzen“, sagt Professor Dr. med. Jan Galle, Vorsitzender der DGIM und Direktor der Klinik für Nephrologie und Dialyseverfahren am Klinikum Lüdenscheid.
Problematisch ist aus Sicht des Mediziners, dass die Betreiber von Drip Bars für viel Geld gesundheitliche Vorteile anpreisen, die sich nicht nachweisen lassen. „Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass gesunde Menschen, die nicht an einem Mangel leiden, durch solche Infusionen einen gesundheitlichen Vorteil erlangen“, bestätigt auch Professor Dr. med. Georg Ertl, Internist, Kardiologe und Generalsekretär der DGIM.
Potenziell riskante Anwendung unter medizinischem Deckmantel
Für Gesunde seien die hochdosierten Infusionen damit teure, aber wirkungslose „Wellness-Anwendungen“. Für Menschen mit Vorerkrankungen können sie sogar ernsthafte Gefahren darstellen, z.B. bei bekannten oder bislang unerkannten Nierenschädigungen, da es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen könne “. Wie bei jeder Art von Injektion besteht auch bei Infusionen das Risiko für Infektionen an der Einstichstelle, allergische Reaktionen auf die verabreichten Substanzen sowie Kreislaufprobleme durch schnelle Flüssigkeitszufuhr.
Um einem Mangel an Nährstoffen und Vitaminen vorzubeugen, reiche es für die meisten Menschen aus, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. „Eine abwechslungsreiche Kost, die reich an frischem Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und magerem Eiweiß ist, versorgt den Körper mit allen notwendigen Vitaminen und Mineralstoffen“, erklärt Galle.
Mit echter Wellness haben Drip Spas oder Drip Bars nichts zu tun
Es ist bedauerlich, dass Geschäfte dieser Art mit Wellness in Verbindung gebracht werden. Der Deutsche Wellness Verband distanziert sich ausdrücklich davon und rät seinen Mitgliedern, die Finger davon zu lassen. Denn wer Wellness richtig versteht weiß, es sich um einen gesundheitsbewussten Lebensstil handelt, dem entsprechende Einstellungen, Werte und alltägliche Lebensgewohnheiten zugrunde liegen. Dazu gehören neben einer vollwertigen, pflanzenbasierten Ernährung, täglich wenigstens 30 Minuten Bewegung und Training, Stress-Balance und guten sozialen Beziehungen auch ein scharfer Verstand und kritische Vernunft. Letzteres hilft, Angebote wie dieses schnell als das zu entlarven, was sie tatsächlich sind: Wellnepp.