Wellness-Beiträge



Wellness aus Fernost: Wohlfühlen ja, Heilung eher unwahrscheinlich.

von Karin Felix

Kennen Sie Bikram, Tuina, Pizzichilli? Reiki, Tai Chi, Shiatsu? Das ist das Vokabular der Wellness-Sprache - global, meist weit hergeholt und auch bei uns gebräuchlich, wenn auch nicht immer verständlich. Ein Kauderwelsch, gemischt aus uralten Heilmethoden und neumodischen Erfindungen von Körpertherapeuten. Oder von Marketingexperten.

Nach der anstrengenden Fitness-Welle, wo man ja ins Schwitzen geraten musste, dürfen wir uns auf den Wellness-Wogen erholen. Alles etwas bedächtiger, sanfter, harmonischer, und vor allem mit vielen Streicheleinheiten. Die meisten fremdartigen Namen kommen aus Asien und standen ursprünglich für meditative Techniken, von Menschen erfunden, die jahre- oder sogar lebenslang höhere Weisheit anstrebten. Die im Westen daraus zusammengebastelten Wohlfühlangebote sollen natürlich schneller wirken. Denn wir haben alle viel Stress, aber keine Zeit.

So ist aus dem indischen Ayurveda, einer komplizierten Gesundheitslehre, die Menschen nach Dosha-Typen einteilt, eine Kurzkur für gestresste Europäer geworden. Oder auch nur eine einzelne Ayurveda-Massage, bei der literweise warmes Öl über Haut und Haare fließt. Sie wird mittlerweile in fast jedem Wellness-Center oder -Hotel angeboten. Die luxuriöseste Variante ist Pizzichilli, wo vier Hände das Öl gleichzeitig in den Body einstreicheln. Was man sich von so einer Behandlung erwarten darf? Eine herrliche Entspannung, jedoch keine längerfristige Wirkung oder gar Heilung ernsthafter Krankheiten - auch wenn das die Anbieter manchmal glauben machen wollen. Aber für ein paar Stunden aus Stimmungstief und Leistungsdruck in die wohligen Sphären sorgloser Gelassenheit aufzusteigen - das ist ja schon eine Menge wert.

Ob die angebotenen Wellness-Kicks allerdings die teils exorbitanten Preise wert sind, ist eine andere Frage. Bei Bädern und Packungen zahlt man bestimmt mehr für das stimmungsvolle Ambiente als für heißes Badewasser und duftende Zusätze. Nicht so bei Massagen. Handarbeit ist nun mal teuer, vor allem, wenn es sich um die Hände ausgebildeter Physiotherapeuten handelt. Und nur diese sollte man an sich heran lassen. Bei einigen Massagetechniken wird erheblicher Druck auf innere Organe ausgeübt, da kann eine Hilfskraft, auch wenn sie noch so hübsch und nett ist, doch einiges falsch machen. Am besten besteht man gleich bei der ersten Buchung einer Wellness-Behandlung darauf, von Therapeuten mit abgeschlossener Ausbildung behandelt zu werden. Die wissen zumindest über den menschlichen Körperbau Bescheid. Wenn auch nicht immer über den Hintergrund ihrer exotischen Massagen.

In der Wellness-Branche ist zur Zeit alles "in", was aus China und Japan kommt. Zum Beispiel:

Shiatsu:
Die Druckpunktmassage ist die japanische Version der chinesischen Akupressur. Mit Daumen und Handballen drückt der Shiatsu-Therapeut auf bestimmte Punkte entlang der Energiebahnen, so genannte Meridiane, um körperliche und seelische Blockaden zu lösen und die Energie frei fliessen zu lassen.

Tuina:
Die gleichen Griffe wie bei Shiatsu und Akupressur, ebenfalls entlang der Meridiane. Außerdem heftige und teils schmerzhafte Bewegungsübungen, ähnlich wie bei der Chiropraktik.

Thai-Massage:
Wie alle östlichen Techniken beruht die Thai-Massage auf der Stimulierung der Meridiane. Der Therapeut arbeitet mit Händen, Ellbogen, Knien und Füssen. Wobei er sich durchaus auch mal auf den Rücken oder auf die Füsse des Behandelten stellt.

Tanzu:
Dehn- und Druckmassage mit langsamen, rhythmischen Bewegungen und zu Meditationsmusik. Soll den Energiefluss und die Atmung harmonisieren und nervöse Menschen vollkommen zur Ruhe bringen.

Aqua-Balancing:
Kommt zwar ursprünglich nicht aus Asien, aber: Man schwebt, auf den Armen des Therapeuten im Wasser, bis ein Gefühl der Schwerelosigkeit und Tiefenentspannung erreicht wird.

Reiki:
Eher ein Handauflegen als Massage. Der "Reiki-Master" konzentriert sich gedanklich auf das Strömen der eigenen Energie durch seine Hände, um Verspannungen und Schmerzen aufzulösen. Bei guten Therapeuten wirkt die Kraft bereits, wenn sie den Körper gar nicht berühren.

Nachhaltiger als Massagen wirken die asiatischen Entspannungstechniken, bei denen man selbst aktiv wird:

So ist Qi Gong (chinesisch ausgesprochen: tschi-gung) zum Beispiel ursprünglich eine chinesische Heilgymnastik, bei der Atmung, Bewegung und Meditation die Energieströme im Körper (=Qi) in Einklang bringen sollen. Westliche Wissenschaftler fanden heraus, das Qi Gong Asthma und chronische Schmerzen erleichtert.

Tai Chi ist bei uns vor allem als Schattenboxen bekannt. Für Chinesen von heute ist es eine Art Volkssport: Auf öffentlichen Plätzen und in Parks sieht man jeden Morgen Menschen, die sich tänzerisch bewegen, zeitlupenartig langsam und dabei ausgesprochen harmonisch. Die konzentrierten Bewegungen bauen Stress ab und Rückenmuskulatur auf, sie sollen auch wirksam gegen Schlafstörungen sein.

Yoga kommt aus Indien und ist die Lehre von der Vervollkommnung der Menschen. Als Entspannungs-Methode ist Yoga vor allem in der Show-Branche trendy. Ob man es im teuren Wellness-Center, Day Spa oder in der Volkshochschule lernt - immer geht es zuerst darum, Muskeln, Sehnen und Gelenke sanft zu dehnen und durch tiefe, bewußte Atmung die Durchblutung zu verbessern. Nach einer Studie der Universität Berlin hilft Yoga gegen Bluthochdruck, Rückenschmerzen, Schlaf- und Verdauungsstörungen.

Neu auf der Wellness-Woge: Bikram-Yoga, das in 32 Grad heißen Räumen trainiert wird, weil sich in der Hitze Muskeln, Sehnen und Bänder leichter als sonst dehnen. Klingt gut und gesund, kann für Kreislaufschwache aber lebensgefährlich sein.

Das ist die Crux bei vielen Wohlfühlangeboten: Die Bezeichnungen verschleiern mehr als sie erklären. Wer weiß schon, was ein Ananda Touch, Banana Wrap, Zulu Care oder Sissi-Bad ist? Damit man sich danach wirklich "well" fühlt: Immer nach den Nebenwirkungen fragen - vorher.

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