Wellness-Beiträge



Qualität im Wellness-Markt

Interview zum Thema Qualität mit Lutz Hertel, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Wellness Verbandes, Düsseldorf

Was ist überhaupt Qualität von Wellness, was sind Kriterien?

Der Begriff der Qualität bedeutet so viel wie Güte oder Wert. Die Güte von Wellness ist bislang nie definiert worden. Wir sollten uns zuvor auch erst einmal darüber verständigen, was Wellness bedeutet, um uns nicht in einer beliebigen Qualitäts-Diskussion zu verlieren. Nach meinen Recherchen taucht der Begriff Wellness ja bereits im 17. Jahrhundert in der englischen Sprache auf und wurde als Ausdruck für gute Gesundheit und Wohlbefinden verwendet. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff durch die amerikanische Präventivmedizin neu interpretiert und mit Modellen von gesundheitsbezogenem Lebensstil in Verbindung gebracht. Heute kann man wohl berechtigter Weise von der Kunst der gesunden Lebensführung sprechen, die darin besteht, selbstverantwortlich Gesundheit in einem ganzheitlichen und positiven Sinne zu schaffen und zu erhalten und dabei den Genuss und die Freude am Leben nicht zu kurz kommen zu lassen. Wenn wir also über die Qualität von Wellness sprechen, dann müssten wir diese anhand der konzeptionellen Erfüllung, des Prozesses selbst und der Zielerreichung erfassen. Also stellt sich die Frage: Wie viel haben so genannte Wellness-Produkte und -Dienstleistungen überhaupt mit Wellness im eigentlichen Sinne zu tun, wie werden die damit verbundenen Vorgänge von den unmittelbar Beteiligten (Kunde, Therapeut, Trainer, etc.) wahrgenommen und welche Ergebnisse im Sinne von Wellness resultieren daraus für den Wellness-Empfänger?


Wie kann ich Qualität im Wellness-Markt, speziell bei Dienstleistungen, messen?

Diese Frage berührt grundsätzliche theoretische Überlegungen der Evaluationsforschung. Experten auf diesem Gebiet würden zumindest zwischen Prozess- und Ergebnis-Qualität unterscheiden. Die entsprechenden Messverfahren hängen natürlich vom Gegenstand der Betrachtung ab. Als Wellness-Dienstleister vollrichte ich Beratung, Behandlung oder Training an einer Person. In der Beurteilung der Prozessqualität kommt es sicherlich zu großen Teilen auf das Können des Dienstleisters an. Von ebenfalls großer Bedeutung sind die Rahmenbedingungen, also zum Beispiel die räumlichen Voraussetzungen, das Ambiente, etc. Um nun die Qualität im Prozess der Dienstleistung zu bewerten, kann ich externe Kriterien aufstellen, die von Experten definiert werden. Zum Beispiel Vorgaben, welche die ideale Ausführung einer bestimmten Behandlungsform, z.B. Thalasso, bestimmen und auch die fachlichen Kompetenzen vorschreiben, die dafür eine solche Behandlung vorausgesetzt werden. Ob Qualität in diesem Sinne erfüllt ist, kann man durch Augenschein-Überprüfung (der Experte beobachtet die Ausführung der Behandlung) bzw. auch teilnehmende Beobachtung (der Experte unterzieht sich selbst der zu beurteilenden Behandlung) feststellen. Andererseits kann aber auch der Empfänger der Dienstleistung ein Qualitätsurteil über den Prozess abgeben: Hat es ihm gefallen, hat er sich im Verlaufe der Behandlung wohl gefühlt, hat er sich kompetent behandelt gefühlt, usw.? Diese Eindrücke können mittels Befragung (mündlich oder schriftlich) erfasst werden. Für diese sehr subjektiven Kriterien werden zunehmend Ratings eingesetzt, um eine Form von Quantifizierung der Qualität zu ermöglichen (z.B. nach Schulnotensystem). Die Weiterverarbeitung solcher numerischen Ergebnisse steckt jedoch voller methodischer Probleme und sollte mit äußerster Vorsicht erfolgen. Doch auch der zweite Aspekt der Qualitätsmessung - die Ergebnis-Evaluation - muss in Betracht gezogen werden, mit anderen Worten: was hat die Dienstleistung gebracht? Hierzu kommt es wiederum ganz auf das zu beurteilende Wellness-Verfahren an. Was soll dieses beim Kunden bewirken? Welche Einflüsse hat die Behandlung, Beratung oder das Training auf Gesundheit und Wohlbefinden des Kunden? Mehr noch: In wie weit trägt es zur Kompetenz des Kunden bei, eigenverantwortlich genussvoll gesund zu leben? Zur Beurteilung dieser Qualität können wie schon zuvor geschildert Experten-Einschätzungen, die aus teilnehmender Beobachtung resultieren, verwendet werden. Andererseits aber wiederum auch Befragungen der Kunden nach Erhalt der Dienstleistung. Es können in vielen Fällen auch Bio-Parameter erhoben werden, z.B. Messung des Körpergewichts, des Köperfettanteils, des BMI, der cardiorespiratorischen Fitness, des Blutdrucks, des Entspannungsgrades anhand vegetativer Körperfunktionen, usw.

Wie sichere ich ein durchgehend gutes Niveau in einer Wellness-Anlage?

Für die Prüfung der Qualität können externe Experten verpflichtet werden. So führt der Deutsche Wellness Verband zum Beispiel entsprechende Prüfungen durch spezialisierte Sachverständige in den verschiedensten Bereichen des Wellness-Marktes (Hotels, Spa-Anlagen, Thermen, Kosmetik-Institute, ...) durch. Daneben läßt sich durch standardisierte Gäste- und Kundenbefragungen das Qualitätsniveau fortlaufend ermitteln. Die Sicherung der Qualität hängt vor allem davon ab, dass die Ergebnisse der Überprüfung verarbeitet werden. Es nützt nichts, Befragungen durchzuführen und diese dann nicht regelmäßig auszuwerten und daraus nötige Konsequenzen zu ziehen. Diese Konsequenzen ergeben sich zwangsläufig aus den Prüfungsbefunden. Verbesserungen werden durch infrastrukturelle Veränderungen oder Qualifizierungsmaßnahmen erzielt. Das fortlaufende Testen von Prozess- und Ergebnisqualität gibt dann Rückmeldung, ob die qualitätsstützenden Maßnahmen erfolgreich waren. So entsteht ein permanenter Kreislauf: Qualität messen - Ergebnisse prüfen - Verbesserungsmaßnahmen durchführen - Qualität messen - usw. In der Industrie wird das Qualitätsmanagement durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) inzwischen vielerorts praktiziert. Entscheidend ist natürlich, dass diese Dinge nicht nur auf dem Papier oder in den Köpfen existieren, sondern auch täglich umgesetzt werden.


Wie machen das große Einrichtungen?

Große Unternehmen leisten sich Qualitätshandbücher, in denen Prozesse und angestrebte Ergebnisse detailliert festgehalten sind. Man leistet sich darüber hinaus Zertifizierungen, die durch externe Begleitung (Beratung und Prüfung) Qualitäts-Know-How ins Unternehmen bringen und den gesamten Betrieb einer Qualitäts-Maxime unterwerfen. Das stößt nicht immer auf Gegenliebe bei den Beschäftigten, wandelt sich aber im Laufe der damit verbundenen Prozeduren in der Regel in Zustimmung, teilweise auch Begeisterung auf Seiten der Mitarbeiter. Schließlich sind Mitarbeiter-Qualifzierungsmaßnahmen hier oftmals leichter möglich, weil die Organisation von Personalvertretungen leichter fällt.


Wie macht das ein kleiner Anbieter?

Auch ein kleines Unternehmen bis hin zum Einzelkämpfer kann und sollte seine Qualität von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand stellen. Das Urteil der Kunden ist sicherlich die einfachste und günstigste Form der Rückmeldung. Externe Zertifizierungen sind durchaus nicht  unerschwinglich. Neben den kostenintensiven ISO- oder EFQM-Zertifizierungen gibt es ja auch die deutlich günstigeren Qualitätprüfungen durch den Deutschen Wellness Verband, die mit einem umfassenden Datenreport eine gute Grundlage für das eigene Qualitätsmanagement liefern. Daneben zählt es, wach zu sein und den Markt - also auch die Mitbewerber - zu beobachten. Wer sich hin und wieder in der Rolle des Kunden in andere Betriebe des Wettbewerbsmarktes begibt, bekommt ein Gespür für die relative Position des eigenen Betriebes und kann oftmals noch einige Anregungen zur eigenen Verbesserung mitnehmen.


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